Fachtagung 2016

Fachtagung 2016

„Geeignet und fahrtüchtig? Alkohol, illegale Drogen und Medikamente im Straßenverkehr

(Rostock, 27. April 2016) Im Jahr 2014 waren an Unfällen mit Personenschaden in Mecklenburg-Vorpommern ca. 313 Personen beteiligt, denen mangelnde Verkehrstüchtigkeit vorgeworfen wurde. Der überwiegende Anteil war auf Alkoholeinfluss zurückzuführen. Dies betraf 219 Pkw- und 29 Motorradfahrer. Unter dem Einfluss anderer berauschender Mittel (z.B. Drogen, Rauschgift) standen 15 Pkw- und Motorradfahrer. Angezeigt wurden 2014 knapp 15 Prozent mehr Verstöße des Fahrens unter anderen berauschenden Mitteln als im Vorjahr. Der Anteil medizinisch begründeter tödlicher Unfälle liegt deutschlandweit bei ca. fünf Prozent. Damit lässt mindestens jeden zweiten Tag eine Person durch einen medizinisch begründeten Unfall ihr Leben.

Die Zahl der Verkehrsunfälle, die sich unter Alkoholeinfluss ereignen, ist in den Jahren 1991 bis 2013 um mehr als 70 Prozent gesunken. Dennoch wird Alkoholeinfluss bei nahezu jedem zwanzigsten Unfall mit Personenschaden als Ursache festgestellt, und fast jeder elfte Verkehrstote ist aufgrund eines alkoholbedingten Unfalls zu beklagen. Das macht deutlich, dass die Folgen eines solchen Unfalls oft überdurchschnittlich schwer sind. Alkoholunfälle ereignen sich vorwiegend nachts (meist nach Mitternacht) und werden überwiegend von Männern verursacht. Der Anteil junger Fahrer ist in dieser Gruppe nach wie vor groß.

„Alkoholkonsum und Straßenverkehr passen nicht zusammenpassen.“, sagte Hans-Joachim Hacker, Präsident der Landesverkehrswacht Mecklenburg-Vorpommern e.V., zur Eröffnung der Fachtagung. Er bekräftigte die Forderung der Landesverkehrswacht zur Einführung eines generellen Alkoholverbotes für alle Kraftfahrzeugführer. Hacker hob zugleich die Verantwortung der Hausärzte hervor, ihre Patienten über mögliche Fahreignungsmängel bei Erkrankungen aufzuklären und nachdrücklich auf daraus resultierende Gefahren für sie selbst und andere hinzuweisen.

„Dass Alkoholkonsum die Fahrtüchtigkeit hemmt, weiß jeder. Dennoch kommt es allzu oft vor, dass sich Leute, trotz des sprichwörtlichen Blicks zu tief ins Glas, dennoch hinters Steuer begeben. Damit gefährden sie sich und andere. Deshalb muss die Strategie nach vor lauten: Prävention und Repression. Neben dem Alkohol können aber auch andere Substanzen – seien es Drogen oder Medikamente – die Fahrtüchtigkeit beinträchtigen. Deshalb ist vielfältige Aufklärung notwendig. Man muss wissen, welchen negativen Einfluss eine Arznei beispielsweise auf das Reaktionsvermögen hat, damit man sich und andere nicht gefährdet. Deshalb habe ich großen Respekt vor der Aufklärungsarbeit der Landesverkehrswacht, die wir als Landesregierung gerne unterstützen“, so Infrastrukturminister Christian Pegel.

Christian Wolf von der Arbeitsmedizinischen Beratungsstelle Stralsund informierte, dass zahlreiche Erkrankungen die Fahrfähigkeit beeinträchtigen oder zu Unfällen führen. Dazu gehören z.B. Herzerkrankungen und -infarkte, Schlaganfälle oder Diabetes. Erkrankungen könnten dazu führen, dass vom Autofahren zeitweise oder vollständig Abstand genommen werden müsse.

Über Maßnahmen zur Rehabilitation von Kraftfahrern, die mit Alkohol und Drogen auffällig geworden sind sprach Dr. Paul Brieler vom Institut für Schulungsmaßnahmen, Hamburg. Ziel sei das Verändern der Gewohnheiten: bei Drogen der Verzicht auf Konsum, bei Alkohol der kontrollierte Konsum. Die Teilnahme erfordere eine aktive Beteiligung, ein Absitzen des Kurses sei nicht möglich.

Der Anteil der alkoholisierten Unfallbeteiligten hat sich bei den Radlern ungünstiger entwickelt als bei den Autofahrern. Hier gibt es Regelungslücken bei Promillegrenzen für Radfahrerinnen und Radfahrer meinte Roland Huhn vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC). Er sprach sich für die Einführung eines Gefahrengrenzwertes von 1,1 Promille als Bußgeldtatbestand aus.

Prof. Dr. Andreas Büttner von der Universität Rostock berichtete über forensisch-toxikologische Untersuchungen zur Überprüfung der Fahrsicherheit und Fahreignung. Relative Fahruntüchtigkeit können durch Unfall oder Fahrfehler festgemacht werden, aber auch durch physiophysische Leistungsdefizite, die durch Zeugen berichtet werden. Schnelltests durch Urin- und Speicheluntersuchungen seien problematisch, da keine Relation zur BAK gegeben und Anwendungsfehler möglich seien.

Wie atemalkoholgesteuerte Wegfahrsperren (Interlocks) in Kombination mit Rehabilitationsmaßnahmen helfen können, das Rückfälligkeitsrisiko bei alkoholauffälligen Kraftfahrern zu reduzieren, erläuterte Bettina Velten von der Dräger Safety AG. In Europa sei der Gedanke, Trunkenheitsprobleme mit Interlocks zu verbinden, seit langem erprobt, z.B. in den Niederlanden und Finnland. In Befragungen äußerten sich die Fahrer überwiegend positiv über den Nutzen des Gerätes.